Der Fritz-Reuter-Preisträger des Jahres 2022 berichtet von seinen Forschungen: Flucht und der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung aus den ostmitteleuropäischen Siedlungsgebieten lösten am Ende des Zweiten Weltkrieges eine unvorstellbar große Immigrationsbewegung Richtung Westen aus. Die meisten der etwa 12 Millionen Menschen, die damals ihre alte Heimat verlassen mussten, wurden im Norden der Bundesrepublik und der DDR angesiedelt. Die Zuwanderung der vielen Orts- und Sprachfremden wird häufig als Hauptgrund dafür genannt, dass das Niederdeutsche nach 1945 so schnell außer Gebrauch kam.
Umfangreiche Zeitzeugenbefragungen im Raum Rostock zeigen dagegen ein anderes Bild. Demnach passten sich viele der Zuwanderer sprachlich an ihr neues Lebensumfeld an, indem sie das mecklenburgische Niederdeutsch lernten. Das Plattdeutsche hat unter den zugewanderten Menschen also sogar eine beachtliche Zahl von neuen Sprecherinnen und Sprechern gewonnen. Der Vortrag fragt nach dem Umfang des Spracherwerbs bei Vertriebenen und beleuchtet die Rahmenbedingungen und Motive für das Erlernen des norddeutschen Dialekts.
Ein Vertriebener aus Böhmen, geboren 1935, erzählt: „Ich habe mich da so schnell reingefunden in diese in diese [plattdeutsche] Sprache hier. Nachher ganz und gar, also die haben es nicht geglaubt, dass ich Zugezogener bin.“
|